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Montag, 15. November 2010

Die dunkle Seite Austrailens.

Ja, es gibt sie. Die andere Seite. Die Seite, von der man nicht gerne spricht. Die Erlebnisse, die nicht passiert sind, die Erfahrungen die man nicht gemacht hat und die Vorkommnisse, die einfach nicht hier her passen. Speziell nicht hier her. Nach Australien - dem Traumland.

Aber doch gibt es unzählige von diesen „anderen“ Geschichten. Ich habe in den letzten Monaten so viele Schicksale miterlebt, so viel Frustration, so viel Leiden und so viel Pech, Ausbeute und Verzweiflung gesehen, dass ich mich darüber auch mal äußern muss.

Australien ist nicht nur das Land mit den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten (Ja, Amerika, aber Australien ist das neue Amerika, oder nicht?). Nein Australien hat auch ein paar negativ Aspekte.

Zum einen gibt es von uns Backpackern einfach zu viele. Allein dieses Jahr tummeln sich über 3 Millionen Deutsche (in Worten DREI MILLIONEN) auf diesem Kontinent. Mit einem durchschnittlichen Aufenthalt von 6 Monaten. Rein rechnerisch müssten also zur Zeit anderthalb Millionen Deutsche zwischen 18 und 33 hier irgendwo sein - alle auf der Suche nach einem Job. Na toll, wie stellt man sich dass denn vor, wenn die Einwohnerzahl von Brisbane (Australiens 3. Größte Stadt) sich mal eben auf Jobsuche macht?!

Da man also keine gut bezahlten Jobs mehr mal eben so bekommt (gut, wenn man nicht grade Wilko heißt), dann muss man sich was anderes einfallen lassen.
Man kann Farmarbeit betreiben, man kann Tagesjobs annehmen oder man kann sich in sparten drängen lassen, die man vorher moralisch gesehen, niemals betreten hätte.

Ich habe eine in meinem Alter getroffen, die dringend Geld brauchte. In Cairns gestrandet stand sie da mit ihren letzten 100$ und wusste nicht mehr ein noch aus. Nur als Info, in Deutschland komme ich mit 70€ auf Grund des festen Wohnsitzes gut mehrere Wochen aus - Geld ist noch Geld wert. Hier verschwinden 50 Dollar am Tag. Jeden Tag.
Also hat sie angefangen in einer Bar zu arbeiten. In einer Bar, wo von ihre Eltern besser nicht erfahren, was sie gemacht hat. Den letzten Schritt musste sie noch nicht gehen, aber für einen Lapdance kann man halt 10$ in der Minute verdienen, während man ansonsten dafür rund 40 Minuten arbeiten muss.
Der nächste Schritt war, dass ich von einen Kerl gehört habe, der akzeptiert hat, Schwulenfotos von sich schießen zu lassen - für 2000$ das Stück. Ok, viel Geld, aber ist es das Wert?
Das Angebot für ein Homevideo hatte ich übrigens auch bereits, mir waren es keine 5000$ wert.

Natürlich muss man nicht so tief sinken, man kann sein Geld auch mit guter ehrlicher Arbeit verdienen. Zum Beispiel Feld Arbeit.
Die Arbeit auf dem Feld ist hart - richtig hart. Und wird gering (oftmals) bezahlt - sehr gering.
In Childers, südlich von Bunderberg, wollte ich ein wenig Zwiebeln pflücken, doch wir ergriffen die Flucht. Erst mussten wir immer mehr unterschreiben, dann gab es eine Klausel nach dem anderen, dann kam eine Steuer nach der anderen hinzu und zu guter letzt blieb kaum etwas von unserem Geld übrig. 10 Stunden am Tag arbeiten, 7 Tage die Woche, bei Wind und Wetter, Beginn um 5. Pro gesammelte Kiste 40$, Hacken dabei: Die Kiste ist ein Kubikmeter groß. Die Durchschnittliche Kistenzahl liegt bei 1. Abzüglich der Steuern, der Unterkunft und den Kosten für den Bus blieben uns 8 Dollar. In der Woche. für 70 Stunden Arbeit. Ich habe den Bus genommen.

Dann gibt es die Workin Hostels. Am Anfang gibt es auf jeden Fall genügend zu arbeiten. Dann soll man aber die Unterkunft ersteinmal vorstrecken für eine Woche (180$), dann gibt es für die erste Woche eine Kaution von 200$ (Prosperine, Bunderberg eher 100) und für jede folgende weitere 100$. Wenn man nicht mindestens eine Woche vorher bescheid gibt, verliert man die Kaution.
Morgens um 2 aufstehen, bis 5 an der Straße warten, vielleicht nimmt der Farmer dich ja mit. Oder eine Stunde in den nächsten Ort fahren und hoffen, dass du auf der Liste stehst. Oder 2 Wochen ohne Job in dem Hostel versauern. Wie Tiere gehalten werden. Bedbugs haben. Weg wollen.

Von den normalen Lebenserhaltungskosten möchte ich gar nicht reden. Von dem schwachen Euro kann eh jeder ein Lied singen...

Ok, genug des Trauerspiels, ich unterbreche an dieser Stelle!

Denn wirklich das schlimmste ist eigentlich, wenn man jemanden kennen lernt, mit jemanden reist oder einfach nur kurzzeitig eine tolle Zeit hat, die Wege treffen sich hier nach wenigen Tagen oder Wochen wieder, da man unterschiedliche Ziele hat. Jeden zweiten Tag sagt man auf Wiedersehen zu einem lieb gewonnen Freund. Viele die man niemals mehr wieder sieht, darunter auch manche, die man gerne noch mal besuchen möchte...

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