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Freitag, 21. Januar 2011

Lebenszeichen

Ich weiß, ich habe seit 3 Monaten nichts mehr geschrieben, und ich werde auch jetzt grade nicht nachholen, was ich verpasst habe. Ich will euch nur eben auf den neusten Stand bringen.
Letztes Lebenszeichen war im November, ich war Deckhand auf der Eurkea II, dann bin ich nach Cairns gereist, von dort nach Brisbane geflogen, habe Freunde getroffen, Lachlan wiedergefunden, mir die Nase gebrochen, war bei den Schoolies und habe einen Roadtrip von Brisbane nach Bowral gemacht.
Dort habe ich Weihnachten gefeiert, war in den Blue Mountains, Freunde getroffen, Sylvester gefeiert, hab mir die gegen angesehen, mich entspannt, meine Uni Bewerbungen voran getrieben und bin dann nach Victoria zum Campen gefahren.
Am vergangen Mittwoch bin ich dann in einen Flieger nach Perth gestiegen.

Der Tag war ungünstig gewählt, den erstens war es Australia Day (machte den Flug billiger) und zweitens „Big Day Out“. Auf Grund des Feiertages waren die meisten Läden geschlossen, die Züge fuhren nicht richtig und die Hostels waren ausgebucht. Aber der Reihen nach.
Erst wollte ich noch ein Paket nach Deutschland schicken. Ging aber nicht, war ja Feiertag, alles geschlossen. Dann wollte ich mit dem Zug zum Airport fahren. Ging nicht, ist nicht gekommen. Also hat mich Josh freundlicherweise zur nächsten größeren Stadt (Angelpunkt) gefahren, wo ich dann meinen Zug erwischen konnte. Das ganze bei angenehmen 38°.
Dann saß ich müde im Flieger und wurde nervös. Denn ich wusste, ich hatte keinen Schlafplatz für die Nacht.
Meine Platzwahl solle sich als Glücksfall herausstellen (seit dem ich in Australien bin sitze ich 20A bei jedem Flug...Omen, Mythos, was auch immer, kA) - wenn auch indirekt.
Neben mich setzen sich zwei Hochschwangere Frauen, eine mit einem Kleinkind auf ihrem Bauch balancierend (also zwei Kinder, eins vielleicht ein Jahr alt, eins ungeboren). Das Kind schrie, tritt mich immer wieder und war allgemein sehr unruhig (Ok, anscheinend bin ich absolut noch nicht reif für Kinder), was mich ziemlich störte, da ich, in Gewissheit eine Schlaflose Nacht vor mir zu haben, auf dem Fünf-Stunden Flug so viel Schlaf tanken wollte, wie möglich. Ich habe dann eine Stewardess gefragt, ob ich denn wo anders sitzen könnte, damit die Damen rechts von mir ein wenig mehr Freiheit hätten und es bequemer mit dem Kind hätten (Noble Geste, so ganz ohne Hintergedanken). Also wurde ich in die letzte Reihe verwiesen, neben einem Endfünfziger.
Wir kamen erst ins Gespräch, als wir in Perth schon gelandet waren und er meinte, dass sie einen dort immer warten lassen würden. Ich erwiderte nur, dass sei halt Jetstar (hier auch bekannt als Shitstar, die reinste Billig-Airline), woraufhin er mich fragte, ob ich das erstem Mal in Perth sei. Da kam es aus mir heraus, dass ich nicht nur das erste Mal hier sei, dass ich auch nicht wisse, wo ich die Nacht verbrächte (wow, Konjunktiv geht noch! Ich habe gestern das erste Mal in bisschen mehr als einem Monat wieder kurz Deutsch gesprochen, da habe ich vielleicht vor mich hin gestottert!). Curt, sein Name, hat mir darauf hin sofort angeboten, dass ich bei ihm Übernachten könnte. Ich war erst skeptisch (sagen wir vorsichtig. Nette Geste auf jeden Fall, aber was springt dabei für ihn raus?), aber da ich eigentlich keine andere Wahl hatte, und er mir dann erzählte, dass er im Sommer in Bayern gewesen war, um an einem Triathlon teilzunehmen, und ihm dort auch geholfen wurde, rang ich mich dann durch, das Angebot anzunehmen.
Also habe ich eine Nacht bei einem wildfremden Mann im Haus seiner Familie auf der Couch verbracht. Ich hatte auch keine andere Wahl, da es 11 Uhr abends war (für mich 2 Uhr morgens, auf Grund der Zeitverschiebung), alle Hostels restlos ausgebucht waren und ich einfach nur schlafen wollte.
Am nächsten Morgen überraschte Curt mich dann damit, dass er mir die Telefonnummer. eines Freundes gab, der sehr gute Kontakte zum örtlichen Hafen hat, um mir einen Job zu vermitteln. Ich habe mir dann ein Hostel gesucht, er hat mir sogar angeboten, ich könnte sein Auto nehmen, um da hin zu fahren, wurde dann letztendlich doch gebracht.
Gibt es so etwas in Deutschland auch? Was für eine Gastfreundschaft! Was für eine Hilfe. Ohne zu zögern, ohne mich überhaupt zu kennen, hat dieser Wildfremde mir nach nur wenigen Minuten geholfen. DAS ist Australien!
Ich konnte dann leider nicht sofort in mein Zimmer einziehen im Hostel, da Mittagspause war (4 Stunden lang...), also bin ich ganz in meines Vaters Manier stundenlang durch Perth gelaufen.
Und ich muss sagen, die Stadt gefällt mir wirklich! Eine schöne Stadt, mit vielen alten Gebäuden, aber auch neueren Stilelementen. Besonders faszinierend fand ich den Eindruck den die Stadt hinterliess - ich hatte ein wenig das Gefühl, in Deutschland zu sein.
Die Haupteinkaufsgasse ist ein wenig wie Dortmund, mit einem Hauch Düsseldorf, wenn man ein paar Abzweigungen geht und die Nebengassen betritt, fühlt man sich wie in Bonn und vom Fluss ausgesehen ein Hauch von Frankfurt.
Abends habe ich dann einen Anruf von Ingrids Cousin Igor bekommen, der meinte, ich könnte am nächsten Tag auf der Leeuwin anheuern.
Also habe ich sofort meine Zelte abgebrochen (Naja, mein Hostelbett) und bin auf´s Schiff gezogen.
Die Leeuwin II ist ein 3 Master, 55 Meter lang (160 Fuß), 230 Tonnen schwer, 16 Segel und kann über 150 Personen aufnehmen, bzw. 55 beherbergen. Das Schiff ist ein Trainingsschiff von der Regierung und ist dafür gedacht, junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren zu fördern, ihre Teamfähigkeiten zu entwickeln und ihre eigenen Grenzen zu finden und zu überwinden. Dafür fährt es regelmäßig auf 3 bis 10 Tages Touren entlang der Westküste Australiens, wo die Jugendlichen von absoluten Segelamateuren hin zu beinah Kapitänen in wenigen Tagen gebracht werden - Jugendliche, die sich sonst vielleicht nicht einbringen können, werden so gefördert, sich selbst kennen zu lernen und ihre Rolle im System zu erkennen. Diese Touren werden auch für ganze Schulklassen und auch für geistig, bzw. körperlich Behinderte junge Menschen veranstaltet.
Um das zu finanzieren (neben den Staatlichen Geldern), gibt es 3 Stunden Touren mit Touristen, die rund 60 bis 90 Dollar zahlen. Auf der anderen Seite gibt es einen Haufen Freiwilliger Helfer (wie ich das jetzt grade bin), die mit anpacken, die Besatzung bilden, aber auch die Begleiter bei den Touren sind.
Im Austausch für meine Arbeitskraft, bekomme ich einen Platz zum schlafen auf dem Boot (ich bin einer der wenigen die das in Anspruch nehmen, die meisten sind Ortsansässig), etwas zu essen und natürlich die Erfahrung und das Wissen etwas gutes zu tun und zu helfen.
Mir gefällt das ziemlich, obwohl es sehr hart ist (16 Segel setzen sich nicht von alleine - erst recht nicht auf einem auf die 1850er getrimmten Segelboot), viel Kraft und wenig Schlaf erfordert. Ich hoffe, ich kann ein wenig bleiben, und vielleicht auch eine der Voyages mit machen. Wenn ich hier permanent wohnen würde, wäre ich auf jeden Fall einer der Freiwilligen, so muss ich mir aber auch neben her noch einen Job suchen, da ich langsam (eher gesagt, grade ziemlich rasant) knapp bei Kasse bin.
Ich weiß also noch nicht was als nächstes kommt, bin jetzt seit 4 Tagen auf dem Boot, davon 3 Tage mit Segeltrips, die mich dermassen geschlaucht haben, dass ich letzte Nacht erst einmal 12 Stunden geschlafen habe, und schaue mich jetzt auch nach bezahlten Jobs um. Mal sehen was kommt.
Vorgestern hatten wir erst einmal eine Cyclopen Warnung. Wir haben uns auf das schlimmste gefasst gemacht, aber wurde dann hinterher ziemlich harmlos. Der Hurrikan „Bianca“ wurde immer weiter runtergeschraubt bis er sich zuletzt noch übern Meer ausgetobt hatte und nur ein wenig Regen brachte. Bis wir das aber wussten, hielten wir Nachtwache. Auch ich musste von 1 Uhr morgens bis 3 Uhr raus und durfte auf der „Brücke“ die Instrumente beobachten, jede halbe Stunde alle Leinen begutachten, alle Pumpen checken nach einströmendem Wasser und den Wind im Auge behalten. Während meiner Schicht ist dann aber nichts nennenswertes passiert. Puhh!
Ansonsten habe ich für mich nun gelernt, dass ich niemals eine Kadettenausbildung machen werde - der Drill ist nichts für mich.
Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Hin- und Her- rollen auf einem 160 Fuß, Piratenschiff ähnlichen Boot, komplett anders ist, als auf einer Sydney 60, einer J80 oder J24, oder 420er, Pirat etc. Die 4+ Meter Wellen, die als Vorläufer des Hurrikans gegen den Schiffsrumpf donnerten, hatten mich erst kaum gestört. Als dann aber eine der Passagiere neben mir Anfing sich zu übergeben, ich ihr Erbrochenes sah und den Geruch in der Nase hatte, wurde mir auch ein wenig übel - doch ich bin Standhaft geblieben!
Und zu guter letzt: Das Boot hat mir auch schon geholfen. Bevor ich nach Australien gekommen bin, habe ich ziemlich unter Höhenangst gelitten - ein Sprung vom 3er fand ich nicht besonders toll. Das habe ich Stück für Stück höher geschraubt (Springen mag ich immer noch nicht so ;) ).

Wilkos Weg weg von welchem Wehwehchen auch immer:
Kapitel 1: Die Höhenangst.
Indoor Kletterhalle: 10m Senkrechte, 15m Senkrechte, 15m 120°.
Harbor Bridge Clime: 230m über Wasserspiegel
Diverse Lookouts: Am Besten Wasserfälle (Fitzroy 70, Carrington 80, Blue Mountains 100+)
Segelboot Eureka: Mast ohne Harnes auf 6m erklettert. Nacht im Segelsack in 3m Höhe verbracht
Brücke: Sprung von einer Brücke in einen Fluss ca. 7m (Wiederholung!)
Segelboot Leeuwin: Mast mit Harnes auf 22m erklettert. 6-8m Entlang des Baumes gehangelt

Das letzte war vielleicht hart. Erst 22m hoch, und dann dort umsteigen auf einen der „Bäume“ die Horizontal am Mast verankert sind. Füße auf einem Seil, dass einen halben Meter unter dem Baum locker hängt und dann dort entlanghangeln. Am Ende (wenn man unter sich nicht mehr das Schiff hat, sondern ein paar Meter überm Meer hängt), Hände lösen, ein Tau greifen und vom Baum lösen. Dann Segel entknoten. Ein Schock. Aber ich habe es geschafft!

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